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"Das war ein mutiger und stolzer Schritt" / "This was a bold and brave leap"

Die IRA hat ihre Waffen vollständig vernichtet - Rede des Sinn Féin Präsidenten Gerry Adams MP / IRA has destroyed all its arms - Speech by Sinn Féin President Gerry Adams MP

Im Juli 2005 hatte die IRA in einer bahnbrechenden Erklärung das Ende ihres bewaffneten Kampfes verkündet und erklärt, ihre Ziele künftig ausschliesslich mit demokratischen und friedlichen Mitteln erreichen zu wollen.
Am 26. September 2005 nun hat nun General de Chastelain, der Chef der internationalen Kommission, die in Zusammenarbeit mit der IRA die Waffenvernichtung überwachte, den Abschluss dieser Aktion bekanntgegeben. Zwei unabhängige kirchliche Beobachter, ein Katholik und ein Protestant, waren Zeugen.
Im Folgenden dokumentieren wir den Kommentar des Sinn Féin-Präsidenten Gerry Adams zu den historischen Ereignis in deutscher Übersetzung und im englischen Original.
Weitere Informationen und Stellungnahmen zum Thema finden Sie auf der Website von: www.info-nordirland.de.



26. September 2005

Rede des Sinn Féin Präsidenten Gerry Adams MP

"Diese Initiative hat ein neues Kapitel im irischen politischen Leben eröffnet. Hier geht es nicht nur um den Friedensprozess und um Konfliktlösung, obwohl beides lebenswichtig ist. Die Initiative der IRA ist bedeutender als die Frage von Waffen. Es geht um die Zukunft unseres Landes, um die Art der Gesellschaft, in der wir leben möchten, die wir für künftige Generationen und für uns wollen."

Für mich sind die Ereignisse dieses Nachmittags eine vollständige und sehr positive Antwort auf den Appell, den ich im April an die IRA richtete.
Ich forderte die IRA damals auf, ihre Ziele mit ausschliesslich friedlichen und demokratischen Mitteln zu verfolgen. Das war in Einklang mit der Position, die Sinn Féin seit Jahren vertritt.
Ich möchte die Führung der IRA dazu beglückwünschen, dass sie so zielstrebig gehandelt hat.

Ich weiss, dass die heutigen Ereignisse für viele Republikaner sehr schwierig sind. Ich habe es selbst erlebt, als wir uns die Pressekonferenz der IICD (International Independent Commission on Decommissioning) und der beiden unabhängigen Zeugen ansahen.

Das war ein mutiger und stolzer Schritt. Aber wir alle müssen darüber hinaus weiterdenken. Wir müssen über den Moment hinausdenken. Nicht der Schritt selbst ist wichtig, sondern wo er uns hinführt. Darum war die mutige Entscheidung der IRA richtig.

Beide Regierungen müssen nun zielgerichtet, entscheidungsfreudig und kreativ sein. Sie müssen das Karfreitagsabkommen umsetzen, so wie sie es versprochen haben. Wir brauchen Fortschritt bei den Themen Gleichberechtigung, Polizei, Menschenrechte, Lösungen für die Illegalen und die Opfer. Es ist auch Fortschritt auf anderen Gebieten nötig, bei den Gefangenen und der Repräsentation nordirischer Abgeordneter in den Oireachtas (dem irischen Senat).

Wir brauchen eine angemessene Friedensdividende um Ungleichheit, Diskriminierung, Verelendung und Sectarianism (der religiös verbrämte Rassismus, der sich in Nordirland organisiert gegen Iren und Katholiken richtet) zu beseitigen, wo immer sie existieren.
Die Suspendierung der politischen Institutionen (des Regionalparlaments) muss aufgehoben werden.

Ich habe Verständnis dafür und finde es richtig, dass Unionisten Zeit benötigen, dies alles zu verarbeiten. Ich bitte sie, zu bedenken, welches Potential hier geschaffen wurde und bitte sie, dies als Chance zu begreifen.
Einige Unionisten mögen fürchten, dies sei ein taktisches Manöver oder ein Versuch, sie zu überrumpeln. Das ist es nicht.
Einige Unionisten haben die Furcht geäußert, es gäbe einen Plan B. Es gibt keinen Plan B. Es gibt keine geheime Agenda. Unionisten sagen, sie trauen den Republikanern nicht. Aber sie sollten sich selbst trauen.
Die Entscheidung der IRA, ihre bewaffnete Kampagne zu beenden und die heutigen Ereignisse sind ehrliche Initiativen, um den Friedensprozess dadurch wiederzubeleben, dass die grössten Hindernisse für eine Teilnahme der Unionisten beseitigt wurden.

Die Themen im Zusammenhang mit der IRA, die als schwierig für Unionisten dargestellt wurden, wurden nun endgültig gelöst.

Es gibt diejenigen, die versuchen werden, die Ereignisse von heute kleinzureden oder abzutun. Wir sind bereit, diese Leute zu treffen und ihre Bedenken zu diskutieren.

Unsere Führung strebt Treffen mit Politikern, Kirchenleuten, Geschäftsleuten und Menschen aus verschiedensten Organisationen an, um an den Erfolg des heutigen Tages anzuknüpfen und alle die wichtigen und drängenden Themen zu diskutieren.

Ich appelliere deshalb an die politischen Führer, ihre Antwort sorgfältig abzuwägen. Etliche Worte der letzten Zeit haben religiös rassistische (sectarian) Gewalt angeheizt und dies war ein besonders schwieriger Sommer. Es gab ernsthafte Versuche, eine Reaktion von Nationalisten und Republikanern zu provozieren. Auch in zukunft wird es solche Versuche geben. Deshalb appelliere ich an die Menschen, dieselbe Ruhe und Disziplin auch in Zukunft zu zeigen, die in den Sommermonaten so sichtbar war.

Diese Initiative hat ein neues Kapitel im irischen politischen Leben eröffnet. Hier geht es nicht nur um den Friedensprozess und um Konfliktlösung, obwohl beides lebenswichtig ist. Die Initiative der IRA ist bedeutender als die Frage von Waffen.
Es geht um die Zukunft unseres Landes, um die Art der Gesellschaft, in der wir leben möchten, die wir für künftige Generationen und für uns wollen.

Sinn Féin ist stolz auf unsere republikanischen Werte. Unsere Strategie ist, irische Einheit und Unabhängigkeit zu erringen. Wir werden für diese Ziele eintreten und argumentieren, genauso wie wir von Unionisten erwarten, dass sie für ihre politische Vision argumentieren.
Aber im Interesse unserer gemeinsamen Wählerschaft sind wir bereit, mit ihnen in den politischen Institutionen zu arbeiten, um die offenen Themen des Friedensprozesses abzuschliessen, um die sozialen und ökonomischen Probleme anzugehen, mit denen sich die Menschen konfrontiert sehen. Eines der kritischsten Themen, die uns zur Zeit treffen, ist die drängende Notwendigkeit, dem Sectarianism entgegenzutreten.
Der Kontext für dies ist das Karfreitagsabkommen.

Wir sind nicht naiv und sehen die harte Arbeit und die Schwierigkeiten, die überwunden werden müssen. Aber es gibt eine neue Dynamik. Republikaner sehen dies mit Zuversicht. Wir appellieren an Unionisten und andere, sich uns anzuschliessen. Um gemeinsam die Vergangenheit hinter uns zu lassen und eine gemeinsame und friedliche Zukunft für alle zu verwirklichen.

Übersetzung: Uschi Grandel, www.info-nordirland.de, 26. September 2005 (Erläuterungen in Klammern)


26. September 2005

Speech by Sinn Féin President Gerry Adams MP

"This initiative has opened up a new phase in Irish political life. This is not just about the peace process and conflict resolution, though that is vitally important. It is bigger than the question of arms. It is about the future of this island, the type of country that we want to live in, the sort of society that we desire for future generations as well as this generation."

I consider this afternoon's announcements to be a very full and positive response to the appeal that I made in April.

At that time I called upon the IRA to pursue their goals by purely peaceful and democratic means.

This was in keeping with the position outlined by Sinn Féin going back over many years.

I want to commend the leadership of the IRA for moving so decisively.

I know that today's announcement will be difficult for many republicans. I saw that myself as we watched the press conference of the IICD and the two independent witnesses.

This was a bold and brave leap. But all us need to think beyond it. We need to think beyond the moment. It is not the leap itself but the place that it takes us all that is important. For this reason the IRA's courageous decision was the right thing to do.

Both governments now need to be focused, decisive and creative. They need to implement the Good Friday Agreement as they have promised to do. There must be progress on equality, policing, human rights, people on the run and victims. There must also be progress on other issues, including prisoners and Northern representation in the Oireachtas.

There must be a proper peace dividend to tackle inequality, discrimination, deprivation and sectarianism wherever it exists.

The political institutions must be restored.

I understand and appreciate that unionists need space to absorb what all this means. I would ask them to reflect upon the potential which is now created, and to see it as an opportunity.

Some unionists may fear that this is a tactical maneuver, or an attempt to trap them. It is not.

Some unionists have expressed fears about a Plan B. There is no Plan B. There is no secret agenda.

Unionists say they do not trust republicans. But they do need to trust themselves.

The IRA's decision to formally end its armed campaign and today's announcements are genuine initiatives to revive the peace process by conclusively resolving the concerns of unionists.

Issues relating to the IRA, which were presented as difficulties for unionists, have now been definitively dealt with.

There are those who will try to dismiss or to minimise what has been announced today. We are prepared to meet those people to discuss their concerns.

Our leadership will also be seeking meetings with political, church, business and civic interests to build on the progress of today's events and to discuss all these urgent and important issues.

I would appeal therefore to political leaders to respond carefully. The words of some in the past have fueled sectarian violence against Catholics and this has been a particularly difficult summer. There were serious attempts to provoke a reaction from nationalists and republicans. There may well be other attempts in the time ahead so I call upon people to show the calm and discipline that was evident over the summer months and particularly in recent times.

This initiative has opened up a new phase in Irish political life. This is not just about the peace process and conflict resolution, though that is vitally important. It is bigger than the question of arms.

It is about the future of this island, the type of country that we want to live in, the sort of society that we desire for future generations as well as this generation.

Sinn Féin is proud of our republican values. Our strategy is to bring about Irish unity and independence. And we will campaign and argue for this as we expect unionists to argue for their political vision.

But in the interest of our shared constituencies we are prepared to work with them in the political institutions to deal with the outstanding issues of the peace process and the social and economic needs that face people at this time. One of the most critical issues facing us at this time is the pressing need to tackle sectarianism.

The context for this is the Good Friday Agreement.

We are not naive about the hard work and the difficulties which have yet to be overcome. But a new dynamic has been created. Republicans face into this with confidence. We appeal to unionists and others to join with us. To leave the past behind and to build a shared and peaceful future for all our people.

Source: www.info-nordirland.de


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