Musharraf will seine Uniform ablegen
Pakistans Opposition kämpft juristisch gegen Wiederwahl des Präsidenten
Von Christoph Nepram, Delhi *
Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat in Aussicht gestellt, im Falle seiner Wiederwahl
durch das Parlament seine Uniform auszuziehen. Damit erfüllte er eine Forderung seiner
Widersacherin Benazir Bhutto, die demnächst aus dem Exil zurückkehren will. Dennoch versucht die
Opposition, Musharrafs neuerliche Kandidatur zu verhindern.
Die Macht von Pakistans Präsident Pervez Musharraf bröckelt. Auf heftige Kritik stieß sein Plan, sich
Mitte Oktober noch einmal für fünf Jahre zum Staatsoberhaupt wählen zu lassen – und gleichzeitig
Chef der Streitkräfte zu bleiben. Seit Wochenbeginn verhandelt das Oberste Gerichte über die
Anträge mehrerer Oppositionsparteien, die eine neuerliche Kandidatur Mu-sharrafs verhindern
wollen. Sie verlangen, dass die Parlamentswahlen vorgezogen werden und erst die neue
Volksvertretung den künftigen Präsidenten bestimmt. Musharraf will sich bis zum 15. Oktober noch
vom alten Parlament im Amt bestätigen lassen.
Angesichts des wachsenden Drucks machte Musharraf nun ein erstes Zugeständnis. Am Dienstag
erklärte sich der General zum Verzicht auf das Amt des Militärchefs bereit. Sollte Musharraf erneut
zum Präsidenten gewählt werden, sagte sein Anwalt, würde er noch vor der Vereidigung aus der
Armee ausscheiden. Die Opposition wertete den Vorstoß als ungenügend. Auch wenn der General
die Uniform an den Nagel hänge, bleibe er unwählbar, bekräftige Raza Rabbani von der
Pakistanischen Volkspartei (PPP).
Dessen Parteichefin, die frühere Premierministerin Benazir Bhutto, will am 18. Oktober nach
achtjährigem Exil nach Pakistan zurückkehren. »Ich will im Land wahre Demokratie
wiederherstellen«, hatte sie verkündet. Die Regierung ließ wissen, man werde die Heimkehr Bhuttos
– anders als vor einer Woche den Rückkehrversuch des 1999 durch Musharrafs Putsch gestürzten
Premiers Nawaz Sharif – nicht behindern. Im Gegenteil: Außenminister Khurshid Kasuri verkündete
sogar, Bhutto könne helfen, im Land für »politische Stabilität« zu sorgen.
Hinter den versöhnlichen Tönen steckt Kalkül. Seit Monaten verhandelt Musharraf mit Bhutto, um
sich die Unterstützung der PPP für seine Wiederwahl zu sichern. Im Gegenzug verlangt die
Oppositionspolitikerin, dass man Korruptionsvorwürfe gegen sie fallen lässt und ihr durch eine
Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit als Premierministerin ermöglicht. Auch den Rücktritt
Musharrafs als Armeechef hatte sie gefordert. Eine substanzielle Einigung wurde bislang aber nicht
erzielt.
Doch der Präsident braucht Partner. Durch umstrittene politische Entscheidungen hat er an
Glaubwürdigkeit verloren. Hinzu kommt, dass das Oberste Gericht seine Wiederwahlpläne für
verfassungswidrig erklären könnte.
Noch im Frühjahr hatte Musharraf den Obersten Richter des Landes, Iftikhar Chaudry, aus dem Amt
entfernen lassen, weil der ihm die so dringend benötigte juristische Rückendeckung verweigerte.
Doch nach heftigen Protesten hob das Gericht vier Monate später die Entlassung Chaudrys auf.
Beobachter bewerten dessen Absetzung als Musharrafs »bislang schwersten politischen Fehler«.
Ein anderer könnte der Sturm auf Islamabads Rote Moschee im Juli gewesen sein. Dabei waren
mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. Seitdem hat sich die Sicherheitslage im Land
erheblich verschlechtert. Vor allem in den Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan gibt es
fast täglich Kämpfe und Anschläge. Insgesamt starben in den vergangen Wochen mehr als 400
Menschen. Erst am Dienstag töteten radikal-islamische Extremisten 18 Soldaten.
Zwar hat das harte Vorgehen Musharraf die Anerkennung des Auslands eingebracht. Im Inland
allerdings ist die Bekämpfung von Taliban-Kämpfern und Al-Qaida-Terroristen ein Drahtseilakt. So
verweigern ihm die islamistischen Parteien zunehmend die Gefolgschaft. Noch 2002 hatten sie mit
ihrer Parlamentsmehrheit den Ausbau seiner Machtbefugnisse abgenickt.
Angesichts der schweren innenpolitischen Krise wird auch in der Bevölkerung der Ruf nach dem
Ende der Militärherrschaft lauter. Sollte der Präsident dennoch versuchen, sich mit allen Mitteln –
etwa der Ausrufung des Notstands – an der Macht zu halten, droht eine weitere Destabilisierung des
Landes.
* Aus: Neues Deutschland, 19.09.2007
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